Bergbau in Schenkendorf

Es war im Winterhalbjahr 1874/1875, als der Brunnenbauer August Boock aus Königs Wusterhausen beim Brunnenschachten auf dem Rodeschen Grundstück in Schenkendorf, Dorfstaße 35, in geringer Tiefe auf starke Braunkohlenschichten stieß. In Gemeinschaft mit dem Pumpenbauer Franz Landsberg aus Zernsdorf wurden an nicht weniger als 24 Stellen der näheren Umgebung des Brunnenschachtes, südlich Schenkendorf Bohrungen vorgenommen, die viele Braunkohlenfunde ergaben. Durchschnittlich lag hier die Kohle nur 1 bis 2 Meter unter der Erdoberfläche und war daher leicht abzubauen.
Durch einen Beschluss des Oberberamtes vom 29. Juli 1877 wurde beiden Unternehmern das Eigentumsrecht an der Grube zugesprochen und in das Grundbuch eingetragen. Sie begannen sofort im Tagbau mit dem Ausschachten der Braunkohle, die gut zur Feuerung taugte. Von Anfang an zeigten sich Schwierigkeiten mit dem Grundwasser. Ständig mussten Pumpen arbeiten. Es gelang aber, innerhalb kurzer Zeit die dicht unter der Oberfläche liegenden Schichten abzubauen. Nun musste tiefer gegangen werden und die Folge waren kostspielige Schachtarbeiten. Boock stieg aus und es bildete sich eine Aktionärsgemeinschaft: Franz Barthels, Fabrikbesitzer aus Rathenow, Franz Landsberg, Obersteiger aus Zernsdorf, BauunternehmerHermann Herzberg und Johanna Blumeaus Berlin.
Mit Vertrag vom 12. Mai 1883 tritt Dr. Werner Siemens mit 58000 M ein. Für dieses Darlehnen wird ihm die Grube verpfändet. Es beginnt ein systematischer Abbau als Großunternehmen. Von den Bauern und dem Rittergut wurden 190 ha Grund aufgekauft. Zahlreiche Bergmannsfamilien aus dem Westen Deutschlands kamen nach Schenkendorf. Die Einwohnerzahl stieg von 288 (1856) auf 1039 (1900). Beim Schachabteufen zeigten sich immer mehr Schwierigkeiten. Man musste durch wasserdurchtränkte Sandschichten, die Pumpen konnten die Arbeitsstätten kaum trocken halten. Ingenieur Poetsch hatte ein eigenartiges System aus Röhren erfunden, das mittels einer Gefriermaschine den Boden gefror. Damit konnte man gefahrlos arbeiten. Das war zwar eine bahnbrechende Erfindung, jedoch stellte sich das Verfahren als zu teuer heraus.
Mit den Schachtanlagen wurde eine Brikettfabrik (6 Pressen) errichtet. Fünf 60 bis 66 m hohe Schornsteine waren das weit sichbare Wahrzeichen der Grube Centrum. Dem damit gesteigerten Verkehrsaufkommen verdankt die Eisenbahn Königs Wusterhausen-Mittenwalde ihre Entstehung.
Eine neue Riesenpumpe sollte das sich weiter verstärkende Wasserproblem lösen. Dadurch sank aber auch der Grundwasserspiegel von durchschnittlich 5 auf 17 m. Sämtliche Pumpen im Dorf schafften nun nicht mehr die Wasserversorgung, so dass die Grubenverwaltung eine Wasserleitung bauen musste. Auch der Grundwasserspiegel des Krummen Sees begann abzulaufen. Trotzdem drang an einigen Stellen Wasser in die Schächte und Grubenbrände sorgten gleichfalls dafür, dass sich der Abbau nicht mehr lohnte.
1899 hörten die Schlote auf zu rauchen, die Schornsteine wurden gesprengt. Die Maschinen wurden verkauft. Viele Arbeiter verließen Schenkendorf, andere fanden Arbeit in Wildau. In den frei werdenden Wohnungen fanden Arbeiter der Wildauer Maschinenfabrik Unterkunft. Alle Anlagen wurden abgerissen und das brauchbare Material abtransportiert. Die Schächte füllten sich wieder mit Wasser, der Grundwasserspiegel stieg und der Krumme See nahm sein ursprüngliches Bett wieder ein.
Die Grube des Tagebaus wurde ein See, dessen Ufer man bepflanzte. Wildenten und Schwäne nahmen das Gewässer in Besitz, Angler kamen auch bald zu ihrem Vergnügen. Heute ahnt ein Unkundiger wohl kaum etwas von der Bergwerksgeschichte.
Die Gebäude der Schmiede übernahm Herr Sporleder, der eine Kunst- und Bauschlosserei eröffnete. Andere Gebäde wurden zu einer Ölraffinerie (Inhaber Herrmann Günther). Ein hohes Gebäude wurde errichtet. Bei der Reparatur des 30 m hohen Schornsteins kamen zwei Schornsteinbauer aus Chemnitz ums Leben. Mit Beginn des 1. Weltkrieges kamen zahlreiche Taxen aus Berlin zum Tanken, so dass die Polizei die Abfertigung überwachen und sogar das Gebäude sichern musste. Die immer schwierigere Beschaffung von Rohöl brachte auch diese Industrie zum Erliegen.